Portugal – Alentejo

Nachdem wir uns ausgiebig von Robert verabschiedet haben, geht es weiter an den Barragem (Stausee) Santa Clara. Zwei deutsche Frauen kommen auf dem Waldweg zurück zu ihrem Wohnmobil und halten etwas auf zwei Stöcken vor ihnen her. Luis wird neugierig und unterhält sich vom Wohnmobildach aus mit ihnen. Sie haben ein totes Insekt gefunden und wollen sich hier bei den anderen durchfragen, was das sein könnte. Luis ist überglücklich, als er erkennt, was es ist: ein Europäischer Riesenläufer. Am Abend findet noch ein geselliges Lagerfeuer statt: Ein junger Mann, der hier seit vier Jahren lebt und vielleicht sogar die Feuerstelle einst errichtet hat, die zwei Frauen mit dem Riesenläufer, Giacomo, ein Italiener, der Wein verteilt und hier schon auch mal den einen oder anderen bekocht – eine gemütliche Runde.

Am nächsten Tag hat Luis Papa-Tag und Bela Mama-Tag. Dieser Tag ist einmal entstanden, damit Luis die Möglichkeit hat, ungeteilte Aufmerksamkeit von seinem Papa zu bekommen, als Bela auf der Welt war. Irgendwann hatte Luis dann den Wunsch geäußert, mit mir ebenfalls alleine Zeit zu verbringen und so gab es diesen Tag immer abwechselnd einmal wöchentlich. Während unserem stressigen Auszug im letzten Jahr und auch auf unserer Reise ist dieses Ritual ein wenig eingeschlafen, aber wir sind gerade dabei, es wieder aufleben zu lassen. Luis hatte sich schon länger gewünscht, mit Papa zehn Kilometer zu wandern, und da es von hier aus fünf Kilometer bis zum Ort Santa Clara sind, ist das die Gelegenheit! So wandern die beiden nach dem Frühstück mit dem jungen Mann zusammen los, der jeden Tag nach Santa Clara läuft. Bela und ich gehen inzwischen in den Wald um Stöcke für ein kleines Floß und für das Lagerfeuer am Abend zu sammeln. Wir essen zusammen Mittag auf der Picknickdecke im Schatten und bauen ein Floß, das wir dann im Schwimmbad am See fahren lassen.

Der See ist einer von den vielen Stauseen in Portugal. Hier gibt es keine richtige Badestelle von der es flach ins Wasser geht, nur eine Stelle, die man mit dem Auto anfahren und an der man sein Boot ins Wasser lassen kann. Aber ein paar hundert Meter weiter gibt es ein „Schwimmbad“. Es ist eine schwimmende Fläche auf dem See, die aus etlichen hohlen Plastikbehältern zusammengebaut wurde und dort sind auch zwei Becken eingebaut, eines zum Schwimmen und ein Kinderbecken. Zum See hin kann man über eine Leiter in den See steigen. In dem großen Becken sind immer Fische drinnen, die sich durch das Netz schlängeln.

Später, als die Wanderer wieder zu Hause sind, können es die Kinder gar nicht erwarten, bis der junge Mann zurückkommt, um mit ihnen ein Lagerfeuer zu machen. Besonders Luis ist von ihm angetan, er ist aber auch ein echt richtig netter Kerl. Da er schon so lange hier lebt, kennt er viele, die diesen Stellplatz jährlich anfahren und so freut er sich heute Abend, als ein zum Wohnmobil umgebauter LKW ankommt. Und auch wir dürfen die herzlichen Leute darin kennen lernen, Peter und Christine. Sie überwintern auch schon viele Jahre hier in Portugal und wir werden sogar in ihr selbstausgebautes Wohnmobil eingeladen, um es uns anzusehen. Luis ist sehr beeindruckt von der Deko, unter anderem kleben hier viele Spinnen, andere Insekten und Fledermäuse an den Wänden und der Decke. Von Peter, der gelernter Schiffszimmerer und Seefahrer ist, bekommt er ein Buch über alle wichtigen Dinge, die ein Skipper wissen sollte, geschenkt. Das Buch bekommt einen Ehrenplatz in Luis‘ Versteck, in dem auch sein Tagebuch ist.

Luis hat mittlerweile viele Angelutensilien an den Stränden gefunden.
Luis beim „Angeln“
Die Staumauer im Morgennebel.
Der Weg nach Santa Clara ist ein schöner Wanderweg.
Die Hexe Anaba kommt zu uns zu Besuch.

 

So lange wir hier sind, geht Luis jeden Morgen, sobald er aufwacht und die Sonne aufgeht, raus zu dem jungen Mann, der hier lebt. Der Abschied fällt mal wieder schwer, aber wir müssen – wollen – weiter. Unser nächstes Ziel ist wieder ein Stausee, Barragem de Monte da Rocha, indem man aber leider nicht baden darf. Dafür ist die weite Heidelandschaft hervorragend zum Spielen für die Kinder geeignet und man kann sie vom Wohnmobil aus sehr gut sehen.

Es geht hier sehr flach ins Wasser rein, nicht so wie am Santa Clara See, daher können die Kinder hier ungehemmt am Wasser spielen und es macht auch gar nichts, als Luis einmal von einem großen Stein im Wasser ausrutscht und ins Wasser fällt. Vom Alkoven aus können wir direkt nach dem Aufwachen Stieglitze beobachten. Überhaupt ist so ein Wohnmobil eine coole Vogelbeobachtungsstation.

Kurz vor Sonnenaufgang.

 

Auf der Weiterfahrt zum nächsten Stausee in Mina de São Domingos machen wir unterwegs noch auf einem Campingplatz Halt, um Ver- und Entsorgung zu machen. Dort sehen wir das gleiche kleine Wohnmobil, das wir kurz zuvor auf dem Parkplatz beim Einkaufen gesehen haben. Die Frau erkennt uns auch wieder und spricht uns an, ob wir Homeschooling praktizieren. Sie ist Niederländerin und mit ihrer Tochter schon seit zweieinhalb Jahren mit dem Wohnmobil unterwegs. Erst kürzlich haben sie sich hier in Portugal niedergelassen. Sie hat in Holland mit ihrer Tochter Homeschooling gemacht und erklärt uns, dass das dort eigentlich auch nicht erlaubt ist, man das aber begründet machen kann, solange das Kind noch nicht an einer Schule angemeldet war. Im Prinzip hat sie aber nicht „unterrichtet“, sondern ebenfalls Freilernen praktiziert. Seit kurzem geht ihre Tochter hier in Portugal auf eine Waldorfschule mit sehr guten Bedingungen, es ist eine altersgemischte Klasse mit acht Kindern.

Am Barragem da Tapada Grande angekommen, war bereits der ganze Parkplatz zugepflastert mit Wohnmobilen, teilweise stehen die bestimmt schon längere Zeit hier. Es sind kaum mehr Parkplätze frei und die meisten besetzen gleich mehrere Parkplätze, indem sie sich quer hinstellen, Markisen ausfahren und ihr Terrain abstecken. Wo sollen hier die Einheimischen parken, die ebenfalls zum Baden herkommen? Wir beschließen weiterzufahren, was Schade ist, der See eignet sich richtig schön zum Baden und es soll die nächsten Tage so sonnig und heiß bleiben. Aber dann entdecken wir gleich um die Ecke einen großen Platz, auf dem man wunderbar parken kann, was auch schon einige Wohnmobile tun. Eine Stunde später kommt glatt die GNR (portugiesische Sicherheitspolizei) auf den Parkplatz, bestimmt waren schon einige Portugiesen zu Recht verärgert. In zwei Stunden werden sie nochmal vorbei kommen und wer dann immer noch nicht ordentlich parkt, muss 200€ Strafe bezahlen. Wir sind da zum Glück raus und legen uns gleich an den See. Am nächsten Tag spazieren wir zu zwei Ruinen, aber es ist echt heiß und der See ruft.

Bevor wir weiterfahren, sehen wir uns hier im Ort noch den stillgelegten Minenkomplex an. Viele Ruinen stehen hier und man könnte hier vermutlich stunden- oder tagelang durch die Ruinen schlendern, auf der Suche nach tollen Fotomotiven.

Die Natur hat sich hier schon einiges zurück erobert.

Der Krater des Kupfererztagebaus ist inzwischen mit Wasser vollgelaufen und es hat sich ein dunkler, an manchen Stellen in der Sonne kupferrot schimmernder See gebildet, der aber definitiv nicht zum Baden geeignet ist.

Die Kirche im Ort.

 

Nach dem Schwimmen und Planschen im Wasser fahren wir als nächstes durch die wunderschöne Landschaft zum Pulo do Lobo, dem Wolfssprung. Das ist die engste Stelle des Rio Guadiana, der sich hier wild durch enge Felsen schlängelt. Den Wasserfall kann man sich von einer Plattform aus ansehen, wir sind aber auf der anderen Seite des Flusses, da kann man einen Pfad hinunter wandern. Nach einer sehr ruhigen Nacht, kraxeln wir durch die felsige Landschaft. Auf dem Rückweg ist es bereits wieder ziemlich heiß.

Hier gefällt es uns – mitten in der Natur.
Am Beginn unserer Wanderung.

Wie so oft ist die Landschaft auch hier von der Lack-Zistrose geprägt.

Ein Schwalbennest in einer Felsspalte.

 

Nach einem laaangen Einkauf in Beja bleiben wir dann dort auf einem etwas heruntergekommenen, aber ruhigen Campingplatz. Weil Luis eine Erkältung bekommt, bleiben wir hier ein paar Tage. Da hier nichts los ist, können wir uns richtig breit machen, wir bauen die Slackline und die Hängematte auf und das Spielzeug liegt auf dem halben Campingplatz verstreut herum.

Dort lernen wir Feliciano kennen, einen Portugiesen der mit seiner Frau hier über’s Wochenende hergefahren ist, um Verwandte zu treffen. Er fragt Eduard, ob er ein gutes portugiesisches Bier trinken will, dann setzt er sich zu uns und wir quatschen zwei Stunden miteinander in einer Mischung aus portugiesisch, englisch, französisch, spanisch und mit Händen und Füßen. Wir reden beispielsweise über die wirtschaftliche Lage in Portugal, über gutes portugiesisches Olivenöl und über die portugiesische Sprache. Auf Nachfrage, was „Junge“ auf portugiesisch bedeutet, holt er aus und erklärt uns, dass es darauf ankommt, ob man den Jungen kennt oder ob es irgendein Junge ist. Dass die Sprache hier etwas komplexer ist, haben wir schon von vielen gehört, die portugiesisch lernen und anwenden wollen.

Wir sehen uns in diesen Tagen auch die Stadt und die Burg an.

Die Kinder und ich entdecken eine Sporthalle, in der gerade Rollschuhlaufen trainiert wird.
Beja ist stolz auf seine Azulejos (bemalte Keramikfliesen). Viele Stromkästen sind mit bekannten Mustern bemalt.

 

Ostern feiern wir ebenfalls auf dem Campingplatz, die Kinder suchen hier ihr Osternest und nachmittags gibt es eine Ostertorte.

Vegane Mangotorte.

Am Ostermontag geht unsere Reise weiter und wir verlassen das Alentejo.

 

2 Gedanken zu „Portugal – Alentejo“

  1. Hallo Ihr vier, es ist sooo schön Eure Fotos zu sehen und Berichte zu lesen!
    Wir wünschen Euch weiterhin eine wunderbare Zeit und tolle Begegnungen!
    Liebe Grüße vom Bodensee

    1. Liebe Ute, vielen Dank, das freut uns sehr! Ja, wir haben wirklich einige Leute kennengelernt. Aber wir freuen uns auch auf alte Gesichter! Bald sind wir wieder in Deutschland und wir hoffen auf Begegnungen am Bodensee!

Kommentare sind geschlossen.